Über Schmerzen oder Nässen in der Analfalte redet niemand gerne. Die dafür häufig verantwortliche Steißbeinfistel ist eine meist bei jungen Menschen auftretende Erkrankung, die sich zu einem ausgewachsenen Abszess entwickeln kann. Sie tritt mit einer Häufigkeit von 48/100.000 Einwohner auf (Stand 2012). Als Akuttherapie erfolgt weiterhin häufig die radikale Exzision (Ausschneiden) des gesamten Abszesses, was großflächige und tiefe Wunden verursacht. Dies ist verbunden mit einer über Wochen bis Monate anhaltenden Wundheilung, längerfristiger Arbeitsunfähigkeit und Einschränkungen im Alltag oder beim Sport.

 

Diese Therapie wird nach der 2020 neu erschienenen Leitlinie nicht mehr als Standardtherapie empfohlen und es gibt Alternativen, die mit deutlich weniger Einschränkungen zum Erfolg führen.

Wie entsteht eine Steißbeinfistel?

Als Ursache der Steißbeinfistel bilden sich kleinste Verletzungen in der Analfalte, die sich zu sogenannten Pori entwickeln. Pori sind kleine Hautöffnungen, durch die Haare und Bakterien unter die Haut gelangen und zu Entzündungen führen können. Bedingt durch die Entzündung bilden sich Fisteln (=Gänge, Kanäle), die wiederum Ausgangspunkt für Abszesse sind und aus denen es auch ohne eine Entzündung nässen kann.

Was tun, wenn ich den Verdacht auf eine Steißbeinfistel habe?

Sollten Sie ein Nässen bemerkt haben, einen Druckschmerz oder ein Fremdkörpergefühl über dem Steiß verspüren, ist die Steißbeinfistel eine mögliche Diagnose und die Region sollte von einem Arzt untersucht werden. Bestätigt sich die Diagnose des Pilonidalsinus, lässt sich die Erkrankung in den meisten Fällen minimal-invasiv durch Entfernung der Hautöffnungen (Pori) und Reinigen der darunter befindlichen Fistel behandeln. Diese Methode wird als
pit-picking bezeichnet und führt in den meisten Fällen zum Erfolg. Eine Vollnarkose ist hierfür nicht erforderlich, der Eingriff kann ambulant in lokaler Betäubung durchgeführt werden. Es verbleibt eine kleine Wunde, die in der Regel rasch innerhalb von etwa 2 Wochen abheilt. Die Arbeitsfähigkeit, sportliche Aktivitäten etc. sind, wenn überhaupt, für maximal 2-3 Tage eingeschränkt.

Ich habe bereits einen Abszess, muss ich deshalb ins Krankenhaus?

Auch wenn sich bereits ein Abszess gebildet hat, lässt sich ein Krankenhausaufenthalt häufig vermeiden. Zunächst muss über eine kleine Hauteröffnung in lokaler Betäubung der Abszessinhalt abgelassen werden. Wenn sich innerhalb von 1-2 Wochen die Entzündung zurückgebildet hat, kann man z.B. mit der pit-picking Methode die Ursache beheben.

Bei mir wurde schon eine Therapie durchgeführt, was kann man noch tun?

Bei manchen Patienten kommt es immer wieder zu Rezidiven (Wiederauftreten der Erkrankung). Auch hier kann geprüft werden, ob ein minimal-invasives Verfahren erfolgversprechend ist. Wenn bei Ihnen nach einer Vor-Operation seit längerer Zeit eine chronische Wundheilungsstörung besteht, kann in solchen Fällen eine plastische Operation erforderlich werden. Ziel dieser Operation ist es, dass die Wundnaht nicht in der Mittellinie der Analfalte zu liegen kommt, da dies in der Regel die Ursache für die Wundheilungsstörung ist. Durch das Verlagern der Naht kann das Rezidivrisiko deutlich gesenkt werden. Als Therapieoptionen bieten sich die Karydakis-Lappenplastik oder das Cleft-lift-Verfahren an. Diese Eingriffe benötigen jedoch eine Vollnarkose. Sollte bei Ihnen oder Ihrem Patienten/Ihrer Patientin der Verdacht auf eine Steißbeinfistel bestehen, vereinbaren Sie einen Termin, bei der die Therapie kurzfristig geplant werden kann. Besteht bereits der Verdacht auf einen Abszess, melden Sie sich bitte umgehend, da die Abszessentlastung möglichst frühzeitig erfolgen sollte, um ausgedehnte Befunde zu vermeiden.

Autor: Dr. med. Andreas Wagner

          Arzt für Allgemeinchirurgie

https://www.lusanum.de/aerzte/chirurgie-unfallchirurgie

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